Dreitausendeinhundert Kilometer zeigte am Ende der Kilometerzähler unseres Volvos an. Ich wusste, dass damit unsere Reise durch eines der abgelegensten Länder der Welt zu Ende war. 11 Tage fuhren wir die Ringstraße entlang und durchquerten so manches Tal und so manche Bergzüge.
Island.
Ich weiß nicht warum. Ich weiß nicht wieso. Man kann Anfang März definitiv wärmere Gegenden der Welt bereisen als jenes Land, das eine Bevölkerungsdichte von 3,2 Einwohner pro km2 aufweist und rund 1 ½ Mal so groß wie Österreich ist. Klar, ich versteh eure Bedenken und auch so manches Kopfschütteln oder verdutzte Blicke, die ich geerntet habe als ich im Vorfeld unserer Reise von diesem Ziel erzählt habe, kann ich teilweise nachvollziehen…aber um ehrlich zu sein: es ist mir egal. Also zumindest diese Blicke…Island war mir natürlich nicht egal.
Reisevorbereitungen
Jedenfalls entschlossen wir uns während der Reiseplanung noch zuhause, dass wir die bekannte Ringstraße Island, also so etwas wie die ultimative Hauptstraße, entlangfahren und dann dort Halt machen, wo es uns gerade Spaß macht. Der Vorteil dabei: die Ringstraße hat bei Islands Verkehrsbetrieben (gibt’s die überhaupt, muss ich mich im Nachhinein fragen?!) höchste Priorität und wenn eine Straße schnee-/matsch-/eis-/schotter-/pferdebefreit ist, dann genau diese (nun ja, dachten wir zumindest…). Klar, Hotels wurden von uns schon im Vorfeld zuhause gebucht, da wir nicht die sprichwörtliche Katze im Sack vor Ort (für Island müsste es lauten: das Pferd vor Ort) kaufen wollten und wussten daher ganz genau, wie viele Kilometer wir pro Tag mit dem Mietwagen zurücklegen sollten.
Kennt ihr WOW Air? Nein? Sicher nicht? Egal, ich auch nicht. Zumindest kannte ich diese Airline nicht bevor wir dort einen Flug gebucht haben. Die WOW Air ist eine relativ junge Fluglinie und fliegt wöchentlich von Salzburg nach Reykjavik…zumindest in den Wintermonaten. Wer mich persönlich kennt wird wissen, dass ich eigentlich aus dem Burgenland komme und der Flughafen Salzburg ist daher nicht unbedingt einen Katzensprung (Pferdesprung?) entfernt. Da diese Airline aber österreichweit konkurrenzlos ihre Flüge in den hohen Norden durchführt buchten wir die Tickets einfach bei WOW Air. Im Nachhinein betrachtet darf ich festhalten, dass sich der vierstündige Flug nach Reykjavik reibungslos gestaltet hatte, wenn gleich man als Passagier keinerlei Verpflegung ohne entsprechendes Entgelt bekam. Aber das kennt man ja bereits von einigen anderen Airlines und sollte nicht als negative Kritik zählen.
Bevor wir unseren Mietwagen buchten, überlegten wir mehrmals ob wir nicht zu einem Fahrzeug mit Allradantrieb oder Jeep greifen sollten, da uns so manche Erfahrungsberichte in diversen Foren doch stutzig machten. So wurde beispielsweise angemerkt, dass gerade der Allradantrieb als essentiell und „lebenswichtig“ in Island gilt…v.a. als Tourist. Wir entschieden uns allerdings vorerst dagegen und beschlossen, dass wir vor Ort bei der Fahrzeugübergabe diese Option noch in Erwägung ziehen würden.
Da meine gesamte Fotoausrüstung inzwischen ein anständiges Gewicht hat und Billigfluglinien, wozu auch WOW zählt, dazu neigen für sämtliche Angelegenheiten eine Extragebühr zu verlangen, musste ich vor Flugantritt noch genau abwägen welches Objektiv und Stativ sowie sonstiges Zubehör wirklich nach Island mitmussten. Bei 5 KG Freigepäck für das Handgepäck keine leichte Sache. Da meine Freundin aber quasi ohne weiteres Handgepäck reiste, teilten wir kurzer Hand einfach die gesamte Ausrüstung auf 2 Fotorucksäcke auf. So passierte es, dass ein Rucksack mit 4,95 KG und der andere mit 4,80 KG den Flug in der Handgepäcksablage mitmachte.
Ankunft in Island
Reykjavik erreichten wir nach 4-stündigem Flug an einem Samstagabend gegen 19 Uhr. Unserer Leihwagenfirma hatten wir unsere Flugnummer sowie Ankunftszeit mitgeteilt und mit Sicherheit würde man uns mit Blumen und Pralinen in der Ankunftshalle am Flughafen erwarten. Doch denkste. Kein Mensch da. Niemand der uns abholen wollte. Niemand der uns mitnehmen wollte. Irgendwie fing die Reise nicht sehr gut an. Mehrere Anrufe bei der Leihwagenfirma brachte nur mehrmals die Erkenntnis, dass am Samstagabend um 19 Uhr wirklich niemand mehr das Büro besetzt außer eine Maschine, die von einer weiblichen Stimme regiert wird. Nun ja…einige Zeit später (ich denke es war dann so gegen 19:45 Uhr) kam plötzlich ein junger Isländer und nach kurzer Rücksprache stellten wir fest, dass er zu unserem Leihwagenvermieter gehörte. Wir warten noch einige weitere Minuten auf ein anderes Touristenpärchen und machten uns dann auf zum Büro, wo uns ein frisch geputzter Volvo V40 schon erwartete. Um diesen Part kurz zu halten: Nein, unsere Ankunft war dem Vermieter nicht bekannt, weil ein anderer Mitarbeiter unsere Buchung für Dezember 2015 eingeplant hatte und Nein, wir wollten doch kein Allradfahrzeug haben.
Reykjavik besitzt 2 Flughäfen, wobei einer für nationale und der andere für internationale Flüge genutzt wird. Keflavik, so der Name des internationalen Flughafens, liegt rund 40 km außerhalb der Stadt und so konnten wir uns mal mit dem Mietwagen während der Fahrt bei strömenden Regen vertraut machen. Erschöpft und hungrig erreichten wir 40 Minuten später unser Hotel oder besser gesagt Hostel. Eine spätabendliche Tour durch die Stadt ließen wir fallen und verbrachten den restlichen Abend im Ho(s)tel.
Über die Nacht hatte leichter Schneefall/-regen eingesetzt und so waren die Straßen am nächsten Morgen teilweise spiegelglatt. Wir machten uns dennoch am Morgen auf den Weg Richtung Stykkisholmur, was unseren ersten richtigen Halt auf der Tour bedeutete. Diese Gemeinde mit rund 1.100 Einwohnern liegt im Westen der Insel und gab uns schon mal einen Vorgeschmack auf die Eigenheiten Islands: bunte Häuser, netter kleiner Hafen, wenig Straßenverkehr, wenige Personen auf der Straße und selbstgemachte Burger. Wir genossen bei einer ordentlichen Brise und Temperaturen rund um den Gefrierpunkt den Sonnenuntergang am Hafen und hofften bis zuletzt, diesmal leider noch vergebens, auf einige Nordlichter.
Die folgenden Tage
Am nächsten Tag stellte Akureyri unseren nächsten Halt auf der Tour dar. Die viertgrößte Stadt Islands mit rund 18.100 Einwohnern lag rund 350 km und viereinhalb Stunden Autofahrt von Styykisholmur entfernt. Doch da uns eigentlich niemand drängte, fuhren wir entspannt von unserem Hotel los. Ich schreibe bewusst entspannt, weil man auf Islands Straßen nirgendwo schneller als 90 km/h fahren darf. Selbst eine vermeintlich schnurgerade Straße, die völlig frei von jeglichem Eis, Schnee oder Matsch ist, lässt höhere Geschwindigkeit nicht zu. Unterwegs blieben wir immer wieder bei einigen Plätzen stehen, um kurz auszulüften bzw. einen klaren Kopf zu bekommen. Was mich auf der Fahrt stutzig machte, war die Tatsache, dass wir kaum Autos überholten oder von anderen überholt wurden. Auch auf Gegenverkehr stießen wir in dieser Zeit kaum. Ihr fragt euch was man im Falle einer Autopanne macht? Fragt euch das NACHDEM ihr wieder sicher zuhause seid…meine Antwort dazu: Ich weiß es nicht und ich habe mehrmals gebetet, dass uns der Wagen nicht auf die Probe stellen würde. In diesem Teil des Landes war das kalte Wetter und der Schnee äußerst präsent und wie ihr später auf einigen Bildern feststellen werdet, gab es oftmals nicht viel anderes als Berge und endlose schneebedeckte Landschaften zu sehen. Weder winterfeste Tiere (wie z.B. Pferde) noch Menschen kreuzten oder säumten den Weg. Auf meiner Facebook-Seite schrieb ich damals vor Ort: „Gefühlt leben hier mehr Pferde als Menschen und wenn man das endlose Hochgebirge passiert, dann kann man wirklich meinen, dass Tier und Natur hier noch die Überhand haben.“ Und es scheint tatsächlich so zu sein.
Am Abend beschlossen wir in Akureyri, dass wir am nächsten Tag in einer etwas näher gelegenen Stadt eine Whale Watching Tour machen würden – ich war zwar etwas nervös aufgrund des möglichen Seeganges, aber entschied mich dennoch für die Tour. Am Vormittag des folgenden Tages besuchten wir noch den Godafoss, einen der unzähligen und äußerst beeindruckenden Wasserfälle Islands. Nach einigen Fotos machten wir uns schließlich auf nach Dalvik, wo wir die Tour machen wollten.
„Heute Nachmittag wollten wir eine Whale Watching Tour im Fjord entlang Dalviks machen…wobei gemacht haben wir sie ja, nur Wale haben wir keine gesehen – was aber völlig ok und der Stimmung keinen Abbruch getan hat. Gegen Ende der Tour haben wir noch Fische gefangen und sie anschließend gegrillt…“ schrieb ich in einem kurzen Kommentar auf Facebook.
Die beiden nächsten Tagen verbrachten wir in Myvatn, was eigentlich keine Gemeinde oder Stadt ist, sondern ein See in der Nähe von Skútustaðir bzw. Reykjahlíð. An diesem Abend sahen wir auch erstmals die bekannten Polarlichter und ich kann euch sagen: Faszinierendes Ereignis. Ohne Kamera nahm ich die tanzenden Lichter als dunkle Nebelschwaden am Himmel wahr und hätte sie daher ohne meine Canon wohl kaum erkannt. Erst durch die Langzeitbelichtung und Einstellungen der Kamera wurden die Lichter wirklich als farbiges Tanzspiel am Himmel sichtbar. Alleine deshalb sollte man (zumindest als Fotograf) einen kurzen Abstecher nach Island in Erwägung ziehen 😉
Das Wetter war zu dieser Zeit wirklich sehr touristenfreundlich, doch leider auch nur von kurzer Dauer, bevor uns orkanartige Stürme in den folgenden Tagen einholten.
Die folgenden Tage lassen sich folgendermaßen beschreiben (wie ich auf Facebook schrieb):
„Parallel bzw. quer zur Ringstraße verlaufen sogenannte Path Roads, die meist matschig oder voll mit Schotter sind. Bisher hatten wir mit diesen Path Roads keine Probleme und haben daher so manches Fleckchen gesehen, das uns sonst möglicherweise verborgen geblieben wäre. Gestern verbrachten wir eine Nacht in Egilsstadir, eine Stadt/Ortschaft ganz im Osten Islands. Zu erkunden gab es zwar nicht sonderlich viel, dennoch machten wir uns auf, um den 20 km entfernten Ort Seydisfjördur aufzusuchen. Ich schreibe bewusst von Ort, weil viele Orte lediglich 2000 oder weit weniger Einwohner haben. Und so ist auch Seydisfjördur mit 655 Einwohnern nicht gerade als Kleinstadt zu bezeichnen.
Wind und Regen begleiteten unseren Ritt hinauf die Berge, doch im Ort angekommen, bot uns ein schönes Bild eines Fjordes samt Wasserfall und bunten Häusern…genau für solche Momente haben wir Island als unser Reiseziel auserkoren…wer auf der Suche nach dicht bevölkerten Städten samt typischen Sehenswürdigkeiten oder gastronomischen Einrichtungen ist, wird in Island keine Freude haben. Hier dominieren Flora und Fauna, wie ich bereits in einem Kurzbericht angemerkt hatte.
Heute Vormittag kam es erstmals vor, dass die Ringstraße gesperrt war und so mussten wir nach 30 km Fahrt auf dieser umkehren und einfach die parallel verlaufende Straße nehmen. – Island ist unberechenbar und so schnell ändert sich das Wetter. Die somit um rund 70 km längere Fahrt nach Höfn wurde uns zusehends mit Wind und Regen versüßt, doch außer die hie und da aufblitzenden Fotomomente drängt uns nichts und daher nahmen wir diese Gegebenheit gelassen hin. Inzwischen sind wir in Höfn gelandet und morgen soll sich angeblich stark zunehmender Wind zum Regen hinzugesellen…wir nehmen’s wie die Isländer gelassen hin“
Abschließende Worte
Um nun, meinen, doch etwas ausführlicheren, Reisebericht schön langsam abzuschließen, möchte ich Folgendes für Island festhalten:
- Respektiere immer Flora und Fauna
- Halte Ausschau nach Straßensperren
- Beobachte das Wetter genau und halte Wetterberichte bis zuletzt im Auge
- Erwarte dir keine Hilfe
- Weidezäune könnten unter Strom stehen
In diesem Sinne, liebes Island: Es war mir eine Freude und Danke für das Zeigen deiner kalten, aber ehrlichen Seite <3
So, und nun ab in die Galerie mit euch 🙂
Ein Gedanke zu “Reisebericht Island: Ein Land im Fotodschungel”
Wunderschöne Bilder!